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Die Grundsatzurteile des Bundesgerichts fallen verstärkt zu Ungunsten der Mieter aus. Für Mietkonflikte sind beim Bundesgericht aktuell ausschliesslich Richter der SVP, der FDP und der Mitte zuständig. Davon sind auch die Geschäftsmieter betroffen. Wir bringen Sie à jour mit den wichtigsten jüngeren Urteilen.

Änderung des Mietzinses nach Ablauf der ursprünglichen Dauer eines indexierten Mietvertrages

Bei der Geschäftsmiete sind indexierte Verträge mit fester Laufzeit die Regel. Wird das Mietverhältnis fortgesetzt, ohne dass eine weitere fixe Dauer vereinbart wird, so stellt sich die Frage des weiteren Mietzinses. Im beurteilten Fall verlangte der Mieter nach Ablauf der Indexierung die Herabsetzung des Mietzinses. Er berief sich dabei auf den gesunkenen Referenzzinssatz im Vergleich zu demjenigen bei Vertragsbeginn. Das Bundesgericht entschied gegen den Mieter wegen verspätetem Begehren. Bei indexierten Mietverhältnissen müssen Mietzinsanpassungen unter Einhaltung der Kündigungsfrist auf das Ende der Indexklausel verlangt werden. Ohne fristgerechtes Begehren um Mietzinsherabsetzung gelten die Kostenstände bei Ablauf der Indexklausel als Ausgangsbasis für künftige Mietzinsänderungen. Das Bundesgericht nimmt damit eine formalistische Sichtweise ein und setzt dem Geschäftsmieter Fristen und Termine, von denen er keine Kenntnis hat, weil sie nicht aus Gesetz oder Vertrag hervorgehen (Urteil vom 24.10.2023, 4A_252/2023).

Tipp: Falls Sie den indexierten Mietvertrag nach Vertragsablauf ohne eine neue feste Laufzeit fortsetzen, so prüfen Sie die Möglichkeit der Mietzinsherabsetzung mehr als ein halbes Jahr VOR dem Auslaufen der Indexklausel

Mietzinsherabsetzung wegen Lockdown

Die Pandemie und der erste Lockdown liegen bald vier Jahre zurück. Immer noch warten Tausende von Geschäftsmietern bis heute vergeblich auf die Klärung durch das Bundesgericht, ob die volle Miete während den Zwangsschliessungen geschuldet war. Eine Reihe von Mietgerichten und Oberinstanzen befassten sich mit dieser Streitfrage mit unterschiedlichen Urteilen. Das Appellationsgericht des Kantons Tessin bejahte den mietrechtlichen Mangel infolge Lockdown und gewährte einem Gastronomen 50 Prozent Mietzinsherabsetzung. Das Urteil wurde vom Vermieter an das Bundesgericht weitergezogen. Dieses wies die Beschwerde des Vermieters ab. Allerdings trat das Bundesgericht nicht aus inhaltlichen, sondern aus formellen Gründen nicht auf die Beschwerde ein. Es berief sich darauf, dass der Streitwert unter 15’000 Franken liege. Eigentlich hätte das Bundesgericht trotzdem den Leitentscheid fällen können, denn bei allgemeinem und grundsätzlichem Interesse ist der Streitwert irrelevant. Statt Rechtssicherheit zu schaffen, drückte sich das Bundesgericht vor dem fälligen Grundsatzurteil (Urteil vom 16. Februar 2023, 4A_611/2021).

Tipp: In rund einem Jahr verjähren Rückforderungsklagen aus zu viel bezahltem Mietzins während des Lockdowns 2020. Die Verjährung lässt sich durch eine Schlichtungsverhandlung oder Betreibung unterbrechen.

Zulässige Nettorendite

Bisher galt die Regel, dass die Nettorendite nicht missbräuchlich war, so lange sie den Referenzzinssatz nicht um mehr als ein ½ Prozent überstieg. Die Nettorendite berechnet sich als Nettomietertrag x 100 / investiertes Eigenkapital. Das Bundesgericht vollzog eine Praxisänderung und legte die zulässige Rendite neu auf 2 Prozent über dem geltenden Referenzzinssatz fest (solange dieser 2 Prozent oder weniger beträgt). Dabei beriefen sich die Bundesrichter auf einen parlamentarischen Vorstoss, dem der Gesetzgeber bis heute nicht zugestimmt hat. Das läuft der Gewaltentrennung zuwider. Die Nettorendite ist für Geschäftsmieter von Bedeutung bei der Anfechtung des Anfangsmietzinses (ohne Altbauten), bei der Mietzinsüberprüfung nach Ablauf einer Mindestvertragsdauer, für die eine Index- oder Staffelklausel vereinbart wurde und bei Mietzinsanpassungen von Mietverträgen ohne feste Laufzeit (BGE 147 III 14 = Pra 2021 Nr. 16).

Tipp: Die Erhöhung der zulässigen Nettorendite erschwert zwar die Position des Geschäftsmieters. Die Erträge der Immobilienbranche sind aber so hoch, dass sie oft selbst den neuen Satz übersteigen. Die Geltendmachung einer übersetzten Rendite kann sich also trotzdem lohnen.

POLITISCHE ENTWICKLUNGEN IM MIETRECHT

Referendum gegen Angriff auf Geschäftsmieter

Das Doppel-Referendum gegen die Teilrevision des Mietrechts ist zustande gekommen. Bereits sind je 60'000 Unterschriften gesammelt worden, meldet das Referendumskomitee. Geplant ist, den Mieterschutz gleich mit zwei Vorlagen zu schwächen. Der Kündigungsschutz soll bei Eigenbedarf aufgeweicht und die bei der Geschäftsmiete verbreitete Untermiete soll erschwert werden. Dazu wird die Stimmbevölkerung das letzte Wort haben.

Verspätetes Eingreifen des Bundesrates

Im Oktober 2023 sind rund die Hälfte aller Mieten gestiegen, darunter auch Geschäftsmieten. Die Anhebung des Referenzzinssatze auf 1.75 % löst die nächste Erhöhungsrunde im Frühling 2024 aus, die neben den Wohnungsmieten auch nichtindexierte Geschäftsmieten betrifft. Der Bundesrat anerkennt zwar den preistreibenden Effekt, doch handeln will er nicht. Zwar schickt der Bundesrat eine Senkung der Überwälzungssätze von Teuerung und allgemeiner Kostensteigerung in die Vernehmlassung. Doch die Verordnungsänderung könnte Jahre dauern und an den Eigentümerverbänden scheitern.


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